Grundlagen

Die Gesetzgebung sieht vor, dass bei Verschwinden einer volljährigen Person, sollte kein Verdacht auf eine Straftat vorliegen, ein Ermitteln durch die Polizei nicht sofort erfolgen darf (siehe Bundeskriminalamt). Dies bewirkt bei den Familien oft den Eindruck in ihrer Not allein gelassen zu werden. Und auch wenn die Grundlagen für das Einleiten von polizeilichen Ermittlungen vorliegen, kann bei den Familien ausgelöst durch die persönliche Betroffenheit und Überforderung, die Wahrnehmung entstehen, dass nicht alle Möglichkeiten in den polizeilichen Ermittlungen ausgeschöpft werden.

Sofort nach Verschwinden einer Person besteht die Möglichkeit, VerNie anzusprechen. 

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass gerade am Anfang einer Ermittlung wichtige Informationen zur Aufklärung beitragen können, auf die man später nicht mehr zurückgreifen kann. Wir wollen nicht in Konkurrenz zu anderen Organisationen treten, insbesondere nicht zu polizeilichen Einrichtungen und Ermittlungen, sondern sehen uns als Partner mit ergänzenden Angeboten.

Die meisten Angehörigen von vermissten Personen schwanken immer zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Resignation. Wenn Vermisste über einen längeren Zeitraum verschwunden bleiben, ist eine Betreuung von Psychologen oder Psychotherapeuten ratsam. Es geht darum, Dinge zu verkraften, die der Rückkehr in ein normales Leben bisher entgegenstehen. Ziel ist es, die Endlosspirale der unbewältigten Gefühle zu verlassen, damit es gelingt, wieder am normalen Leben teilzunehmen.

Während es in Deutschland ein Reihe von Angeboten zur Betreuung von Familien vermisster Kinder gibt, existieren nur sehr wenige solche Angebote zur behutsamen Begleitung und Betreuung von Angehörigen vermisster volljähriger Personen. Zudem wimmelt das Internet von zwielichtigen und überteuerten Angeboten zur Vermisstensuche, die die Gefühlslage der Angehörigen weitgehend außer Acht lässt.

Diese Beobachtung hat 2013 zur Gründung des Vereins VerNie e.V. geführt. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Angehörigen von vermissten Personen zu betreuen und die Suche nach den Vermissten zu fördern. Dabei streben wir die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen im Inland an, die vergleichbare Ziele verfolgen. Durch die Unterstützung von Sponsoren ist es VerNie e.V. möglich, die durch den Verein erbrachten Leistungen kostenfrei anzubieten.

Der Verein VerNie e.V.

Die Mitglieder des Vereins sind in vielen unterschiedlichen Berufsfeldern tätig. Dazu zählen Personen aus dem Geschäfts- und Finanzbereich, Personen aus juristischen, medizinischen, psychologischen, seelsorgerischen und anderen Bereichen mit Beratungshintergrund sowie Personen mit technischem und IT-Hintergrund. Alle Mitglieder und Kooperations-Partner*innen unterstützen ehrenamtlich die Tätigkeit des Vereins.

Die ehrenamtliche Arbeit und eine Anzahl von festen Sponsoren ermöglicht es dem Verein, Gespräche, Beratungen und Betreuungen sowie Recherche-Arbeiten kostenlos anzubieten.

Die breite Aufstellung der Vereinsmitglieder ermöglicht ein sehr flexibles Vorgehen sowohl bei der Suche nach Vermissten als auch eine intensive Betreuung der Angehörigen.

Die Kombination aus breitem Erfahrungshintergrund, flexiblen Vorgehensweisen und kostenlosen Angeboten macht den Verein zur Zeit einzigartig in Deutschland.

Zusammenarbeit mit anderen Institutionen

Der Verein hat sich eine ganze Reihe von verlässlichen Kooperations-Partnern erarbeitet.

  • Nach anfänglichen Berührungsängsten kann der Verein bei den polizeilichen Dienststellen in der Regel auf eine gute Zusammenarbeit bauen.

  • Es gibt einen regen Austausch mit verschiedenen Fachbereichen der Fachhochschule Emden-Leer.

  • Es bestehen gute Kontakte zu verschiedenen Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Seelsorger*innen, Ärzt*innen, IT-Fachkräften, die je nach Bedarf hinzugezogen werden können.

  • Verschiedene Rechtsanwaltskanzleien unterstützen den Verein in rechtlichen Fragen.

  • Mit Einrichtungen der Jugendhilfe wie Outlaw besteht eine Zusammenarbeit.

  • Die Stadt Emden unterstützt die Arbeit des Vereins ausdrücklich.

  • Der Weisse Ring ist ebenfalls Kooperations-Partner.

Ablauf eines Betreuungsfalles

In Einzelfällen nimmt der Verein Kontakt mit betroffenen Angehörigen vermisster Personen auf, wenn der Eindruck entsteht, dass für diese Familie kein adäquates Hilfesystem zur Verfügung steht. Dabei wird lediglich auf die Homepage und das Angebot verwiesen, ohne weitere Absprachen zu treffen. Erst nach einer Kontaktaufnahme seitens der Angehörigen wird der Verein aktiv.

Betroffene Angehörige können sich aber auch über die Kontaktmöglichkeiten auf der Homepage von sich aus beim Verein melden.

Am Anfang eines Betreuungsfalles steht immer ein behutsames, aber ausführliches persönliches Gespräch mit den Angehörigen. Dazu können Vereinsmitglieder zu einem Treffpunkt mit den Angehörigen fahren oder diese kommen zu einem Treffen nach Emden. Das Erstgespräch findet grundsätzlich mit mehreren Vereinsmitgliedern statt, um von Anfang an einen multiprofessionellen Blick und eine optimale Informationsaufnahme zu gewährleisten.

Bereits im Erstgespräch können einzelne weitere Schritte besprochen werden. Mit dem Programm „Weer op Padd“ bietet der Verein den Familien die Möglichkeit, aus dem Alltag herauszukommen und Vertrauen aufzubauen mit dem Ziel, einen Weg wieder in das normale Leben zu finden. Das Programm wird professionell gestaltet und bietet Möglichkeiten zu ausführlichen Gesprächen, zur Bewältigung seelischer Belastungen, zur Sichtung der Gesamtsituation, zur Stärkung der Ich-Kompetenz, zur Auseinandersetzung mit rechtlichen wie organisatorischen Fragen.

Gemeinsam mit den Angehörigen werden die nächsten Schritte beraten wie z. B.:

  • Hilfe bei der Zusammenstellung von sachdienlichen Informationen

  • Unterstützung bei Kontakt zu Polizei, Behörden, Versicherungen

  • Kontakt zu Organisationen und Institutionen, die sich mit Vermisstensuche befassen; eventuell Einschaltung einer Detektei

  • eigene Schritte zur Vermisstensuche, auch Möglichkeiten des Einsatzes von Medien, Social Media, Internet

  • rechtliche Beratung zu finanziellen und anderen Verpflichtungen der vermissten Person

  • Beratung und Betreuung bei möglichen Kontakten mit den Medien

  • psychologische, therapeutische oder seelsorgerische Betreuung

Der Verein gewährleistet, wenn gewünscht, eine enge persönliche Begleitung der Angehörigen.